Entwicklungspsychologische Aspekte des Jugendalters (Seminar) F25.003

Nummer: PLU.BW01.03-S1.F25.003
Veranstalter: PLU.Fach und Unterricht
Leitung: Irina Rosa Kumschick
ECTS-Punkte: 3
Datum: 07.03.2025 - 06.06.2025
Raum: SE 123 / SE 127
Unterrichtssprache: Deutsch
Weitere Informationen:
Teilmodulbeschreibung

Ziele und Inhalte

Eine wichtige professionelle Kompetenz von Lehrpersonen liegt darin, Heranwachsende in ihrem individuellen Entwicklungsstand und den je aktuellen Entwicklungsaufgaben wahrzunehmen und das eigene Handeln als Lehrperson vor diesem Hintergrund zu reflektieren. Das Modul Jugendpsychologie bietet eine Gelegenheit zur Auseinandersetzung mit relevanten entwicklungspsychologischen Theorien. Wissenschaftliche Theorien sind wichtige Werkzeuge für Lehrpersonen, weil sie als Leitlinie für unsere Beobachtungen an Menschen dienen. Zum einen helfen wissenschaftliche Theorien dabei, das jeweils Beobachtete in einen Bezugsrahmen einzubetten und den Beobachtungen dadurch Bedeutung zu geben. Zum anderen vermitteln uns durch Forschung gestützte Theorien eine solide Grundlage für berufspraktisches Handeln. Erst wenn wir die Entwicklung im Jungendalter verstehen, können wir auch erkennen, was wir tun müssen, um das Wohlbefinden der Schülerinnen und Schüler zu stärken und den Umgang mit ihnen zu verbessern.

Das Modul ermöglicht eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit entwicklungspsychologischen Aspekten der Adoleszenz und dient dem Aufbau jugendpsychologischen Wissens in folgenden Themenfeldern:
- Entwicklungspsychologische Grundbegriffe
- Biopsychische Veränderungen (körperliche und kognitive Entwicklung)
- Identitätsfindung und emotionale Entwicklung
- Soziale und moralische Entwicklung
- Entwicklung in gesellschaftlichen Kontexten (Entwicklungsaufgaben und digitale Medien)

Die Teilnahme am Modul unterstützt die Studierenden darin, Verständnis für das Besondere des/der Jugendlichen aufzubauen, und zwar anhand ...
(1) des Aufbaus eines vertieften konzeptuellen Wissens (entwicklungspsychologisches Wissen zur Adoleszenz),
(2) der reflektierten, theoriegestützten Diskussion der Ergebnisse der im AW-Modul vorgenommenen Analyse eines Interviews mit einem/einer Jugendlichen der Sekundarstufe I, (Erziehungs- und Beziehungskompetenz),
(3) der Auseinandersetzung mit dem eigenen Vorgehen und Erleben in der Gesprächssituation mit dem/der Jugendlichen (Beziehungskompetenz),
(4) der verdichteten Darstellung und Analyse des eigenen Falls (Reflexionskompetenz, Erziehungs- und Beziehungskompetenz).

Ziele des Leistungsnachweises: Die Studierenden ...
(1) kennen und verstehen entwicklungstheoretische Konzepte der Adoleszenz und können diese in den Grundzügen erläutern,
(2) können aufgrund eines Vorgesprächs mit einem/einer Jugendlichen aktuelle Lebensthemen bestimmen,
(3) können beobachtete Lebensthemen mit zentralen Entwicklungsaufgaben und damit verbundene Herausforderungen heutiger Jugendlicher in Beziehung setzen,
(4) können theoretische Konzepte und Modelle im Hinblick auf konkrete Lebensthemen eines/einer Jugendlichen begründet auswählen,
(5) können Einsichten und Interpretationen aus der Fallanalyse nachvollziehbar darlegen,
(6) können das rekonstruierte Verständnis in sinnvolle theoretische Bezüge bringen und kritisch diskutieren,
(7) können aufgrund der Analyse stimmige pädagogische Einsichten und Massnahmen formulieren,
(8) können mit einem/einer Jugendlichen im Rahmen einer Gesprächssituation in eine positive Beziehung treten und die Art und Weise der eigenen Beziehungsgestaltung kritisch hinterfragen,
(9) bringen in der Fallpräsentation eine kritische Haltung zum Ausdruck und
(10) tragen die Ergebnisse der Fallanalyse im Prüfungsgespräch strukturiert und inhaltlich kohärent vor.

Die Studierenden erarbeiten und vertiefen folgenden Kernkonzepte:
- Entwicklungsparadigmen (Einführung)
- Entwicklungsaufgaben (Einführung)
- Körperliche Entwicklung (Einführung)
- Kognitive Entwicklung (Einführung)
- Soziale Perspektivenübernahme (Einführung)
- Selbstkonzept (Einführung)
- Sozialisation (Vertiefung)
- Beziehung (Vertiefung)
- Attribuierung (Vertiefung)
- Erwartungs-x-Wert-Modell (Vertiefung)
- Selbstbestimmungstheorie (Vertiefung)

Lehr- und Lernformen

Das Modul Jugendpsychologie gliedert sich in eine Präsenzveranstaltung (Seminar) und in eine digitale Lernumgebung. Es beinhaltet damit einen hohen Anteil an selbstorganisiertem Lernen.

A – Digitale Lernumgebung
Das Online-Lernangebot dient dem systematischen Wissensaufbau. Die Studierenden setzen sich mit Theorien der Entwicklung in der Adoleszenz auseinander und erarbeiten sich so das notwendige entwicklungspsychologische Wissen für Lehrpersonen. Diese Auseinandersetzung findet in erster Linie selbstgesteuert statt. Über das Frageforum ist aber stets auch der Austausch mit Mitstudierenden und Dozierenden möglich.

B – Seminar
Im Seminar wird die Nutzung des zunächst individuell aufgebauten entwicklungspsychologischen Grundlagenwissens im Austausch mit anderen Studierenden geübt und zusätzlich vertieft. Dies unterstützt die Erarbeitung eines ordnenden Bezugsrahmens für die Beobachtungen an Menschen und unterstützt die Studierenden darin, mit einem/er Jugendlichen in Beziehung zu treten und ein Interview zu führen. Die Studierenden werden im Seminar darin unterstützt, aktuelle Lebensthemen in den Erzählungen Jugendlicher zu erkennen, Spannungsfelder und damit verbundene Herausforderungen wahrzunehmen und ausgewählte Aspekte in theoretische Bezüge zu bringen.

C – Modulkooperation mit Alltag und Wissenschaft
Für Regelstudierende des Studiengangs SEK I besteht eine Kooperation mit dem Modul AW01.03-S1 «Forschungskompetenzen für die Schulpraxis A». Das bedeutet, dass die methodische Anleitung und Unterstützung zur Planung, Durchführung und Auswertung von einem Interview mit Jugendlichen der Sekundarstufe I im Rahmen eines parallel stattfindenden Moduls im Fachbereich Alltag und Wissenschaft geleistet wird. Das in diesem Zusammenhang rekonstruierte Verständnis des/der befragten Jugendlichen wird unter Bezugnahme auf ausgewählte theoretische Konzepte und Modelle erläutert, kritisch eingeordnet und im Rahmen der mündlichen Modulprüfung präsentiert.

Form des Leistungsnachweises

Die Studierenden absolvieren eine mündliche Prüfung, an der sie ihre Fallanalyse präsentieren, bei der Präsentation der Fallanalyse eines/-er Mitstudierenden mitdiskutieren und eine zufällig gezogene Wissensfrage beantworten.

Setting und Organisation:
– Teilnehmende: An jeder Prüfung sind zwei Dozierende und zwei Studierende anwesend.
– Die Prüfung dauert für zwei Studierende 35 Minuten, inkl. Wechsel sind für die Prüfung insgesamt 40 Minuten einzuplanen.
– Die Studierenden schreiben sich im Laufe des Semesters auf einen Prüfungstermin in den Kalenderwochen 23 und 24 ein.

Inhaltliche Grundlagen:
– Rekonstruiertes Verständnis der befragten Person im Rahmen der im AW-Modul vorgenommenen Fallanalyse.
– Theoretische Konzepte und Modelle aus dem Basiswissen der fünf Themenfelder (Einführung und acht Entwicklungsbereiche) der digitalen Lernumgebung.
– Theoretische Konzepte und Modelle aus der individuellen Vertiefung in den zwei ausgewählten Entwicklungsbereichen der digitalen Lernumgebung.

Visualisierungshilfen:
Die Prüfungsform verlangt eine mündliche Präsentation der Ergebnisse der Fallanalyse. Die Mitnahme eines Skripts oder einer umfangreichen PPT-Präsentation, aus denen die Inhalte abgelesen werden, ist nicht erlaubt. Allerdings dürfen zur Unterstützung der Präsentation Visualisierungen eingesetzt werden. Erlaubt ist alles, was die Nachvollziehbarkeit der Darlegung unterstützt. Es ist also auch auf eine hinreichende Schriftgrösse zu achten. Hilfreiche Visualisierungen betreffen:
– Hintergrundinformationen
– Verschriftlichung des rekonstruierten Verständnisses in maximal vier Kernsätzen
– Ausgewählte Interviewpassagen
– Ausgewählte theoretische Konzepte und Modelle
– Verweis auf Implikationen

Ablauf und Dauer der Prüfung:
Teil 1: Fallpräsentation
– Beschreibung der Hintergrundinformationen (je ca. 2 Min., Total 5 Min.). Die Studierenden stellen nacheinander vor, mit wem sie das das Interview geführt haben, in welcher Beziehung sie zur befragten Person stehen, was gemäss Vorgespräch aktuelle Lebensthemen sind und welches Thema für die Analyse ausgewählt wurde und warum. Ebenfalls werden atmosphärische Aspekte der Interviewsituation erläutert.
– Präsentation und Diskussion der Fallanalysen (je Stud. 10 Min., Total 20 Min.): Präsentation (5 Min.) gefolgt von Nachfragen und Diskussion (5 Min.)
– Die Präsentation der Fallanalyse umfasst folgende Punkte: (1) Die Kernaussagen zum in AW rekonstruierten Verständnis des/der Jugendlichen eingangs kurz erläutern und anhand ausgewählter Interviewaussagen (Schlüsselpassagen) belegen, (2) das rekonstruierte Verständnis zu ausgewählten theoretischen Konzepten oder Modellen in Bezug setzen und erklären. Dabei mindestens zwei unterschiedliche theoretische Aspekte berücksichtigen, um Mehrperspektivität zu gewährleisten und (3) die Präsentation mit der Erläuterung pädagogischer Implikationen (Einsichten, Massnahmen) abschliessen.

Teil 2: Beantwortung der Wissensfrage
– Die beiden Studierenden beantworten abwechselnd eine zufällig gezogene Wissensfrage (je 5 Min., Total 10 Min.).
– Die Wissensfrage bezieht sich entweder auf die Inhalte des Basiswissens (Einführung und acht Entwicklungsbereiche) oder auf die Inhalte des Vertiefungswissens in den zwei ausgewählten Entwicklungsbereichen.

Beurteilungskriterien und Bewertung:
a) Beurteilungsdimensionen und Gewichtung
Die drei Beurteilungsdimensionen sind prozentuell gewichtet:
– Fallanalyse: 50 % der Bewertung
– Entwicklungspsychologisches Wissen: 25 % der Bewertung
– Kritische Haltung: 25 % der Bewertung

b) Beurteilungskriterien
Fallanalyse – Nachvollzug:
– Aktuelle Lebensthemen des/der Jugendlichen werden benannt und die Auswahl eines Themas für die Analyse wird begründet.
– Die Kernaussagen zum rekonstruierten Verständnis werden anhand von Interviewzitaten nachvollziebar begründet.

Fallanalyse – Theoriebezug:
– Das rekonstruierte Verständnis wird in sinnvolle theoretische Bezüge gebracht.
– Theoretische Konzepte und Modelle werden genutzt, um das rekonstruierte Verständnis zu erklären.
– Es werden stimmige pädagogische Implikationen (Einsichten und Massnahmen) formuliert.

Entwicklungspsychologisches Wissen:
– Die für die Fallanalyse ausgewählten Konzepte und Modelle werden mit dem darauf bezogenen Wissen deutlich dargestellt.
– Die entwicklungstheoretischen Konzepte und Modelle der Wissensfrage werden korrekt erläutert.

Kritische Haltung:
– Es wird zwischen Annahmen und Tatsachen unterschieden.
– Eigene Interpretationen und daraus hervorgehende Erkenntnisse werden in Frage gestellt und/oder alternative Deutungen zum Ausdruck gebracht.

c) Bewertung:
Die Prüfungsergebnisse werden nach einem Punktesystem bewertet. Für das Bestehen des Leistungsnachweises sind mindestens 7 von 16 Punkten erforderlich. Der Leistungsnachweis wird mit "erfüllt" oder "nicht erfüllt" bewertet.

d) Bekanntgabe der Ergebnisse:
Die Prüfungsergebnisse werden nach Abschluss aller Prüfungen per E-Mail mitgeteilt.

e) Abwesenheit bei der Prüfung:
Unentschuldigtes Fernbleiben (z. B. bei Krankheit oder Unfall ohne ärztliches Attest) führt zur Bewertung der Prüfung als "nicht erfüllt“.

Modalitäten der Repetition

a) Prüfungswiederholung in der 2. Chance:
Im Falle eines Nichtbestehens ist die Prüfung in derselben Form im zweiwöchigen Nachprüfungsfenster (letzte Woche Zwischensemester, erste Semesterwoche) zu wiederholen. Bereits erarbeitete empirische Daten (Interview) und Analyseergebnisse können dabei als Grundlage erneut verwendet werden.

b) Modulwiederholung in der 3. und letzten Chance:
Ein zweimaliges Nichtbestehen der Prüfung führt zur Wiederholung des gesamten Moduls in der 3. und letzten Chance. In diesem Fall werden die Studierenden im darauffolgenden Jahr erneut für das Modul zugelassen und müssen die Fallanalyse auf Basis eines neuen Interviews mit einer anderen Person durchführen. Hierbei muss das Audiofile und das Trankskript des neu geführten Interviews abgegeben werden.

Obligatorische Literatur bzw. Medien

Ernst, J., & Schmitt, J. B. (2020). Politische Bildung für Jugendliche in oder mit digitalen Medien? Medienpädagogische Reflexionen der Strukturbedingungen von YouTube. Medien Pädagogik: Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung, 38, 21–42.

Eschenbeck, E.; Knauf, R.-K. (2018). Entwicklungsaufgaben und ihre Bewältigung (Kap. 2.1 Entwicklungsaufgaben des Jugendalters). In: Lohaus, A. (Hrsg.). Entwicklungspsychologie des Jugendalters (S. 23–33). Springer: Berlin. https://doi.org/10.1007/978-3-662-55792-1_2

Kohlberg, L. (2001): Moralstufen und Moralerwerb: Der kognitiv-entwicklungstheoretische Ansatz. In: W. Edelstein, F. Oser & P. Schuster (Hrsg.), Moralische Erziehung in der Schule (S. 35–61). Basel: Beltz.

Konrad, K.; König, J. (2018). Biopsychologische Veränderungen (Kap. 1.2 Körperliche Entwicklung). In: Lohaus, A. (Hrsg.). Entwicklungspsychologie des Jugendalters (S. 3–10). Springer: Berlin. https://doi.org/10.1007/978-3-662-55792-1_1

Krettenauer, T. (2014). Der Entwicklungsbegriff in der Psychologie. In: L. Ahnert (Hrsg.), Theorien der Entwicklungspsychologie. Heidelberg: Springer, 2–25.

Seiffge-Krenke, I. (2002). Emotionale Kompetenz im Jugendalter: Ressourcen und Gefährdungen. In M. von Salisch (Hrsg.), Emotionale Kompetenz entwickeln. Grundlagen in Kindheit und Jugend (S. 51–72). Stuttgart: Kohlhammer.

Thomsen, T.; Lessing, N.; Greve, W. & Dresbach, S. (2018). Selbstkonzept und Selbstwert (Kap. 5.1 Deskriptive Komponente des Selbst: Das Selbstkonzept). In: Lohaus, A. (Hrsg.). Entwicklungspsychologie des Jugendalters (S. 91–99). Springer: Berlin. https://doi.org/10.1007/978-3-662-55792-1_5

Vierhaus, M.; Wendt, E.-V. (2018). Sozialbeziehungen zu Gleichaltrigen. In: Lohaus, A. (Hrsg.). Entwicklungspsychologie des Jugendalters (S. 139–168). Springer Berlin. https://doi.org/10.1007/978-3-662-55792-1_7

Walper, S.; Lux, U. & Witte, S. (2018). Sozialbeziehungen zur Herkunftsfamilie. In: Lohaus, A. (Hrsg.). Entwicklungspsychologie des Jugendalters (S. 113–138). Springer Berlin. https://doi.org/10.1007/978-3-662-55792-1_6

Ziegler, E.; Deiglmayr, A; Schalk, L. & Stern, E. (2018). Kognitive Entwicklung im Jugendalter. In: Gniewosz, B. & Titzmann P.F. (Hrsg.). Handbuch Jugend. Psychologische Sichtweisen auf Veränderung in der Adoleszenz (S. 165-183). Kohlhammer: Stuttgart.